Jeder Mensch bekommt den Hund, den er verdient hat.

4 Jul

Seit einiger Zeit zeichne ich – neben anderen Personen aus meinem Umfeld – für die Ernährung, Bespaßung, Erziehung und das Sportprogramm eines befellten Kleinkalibers in Gestalt eines Minichihuahuas verantwortlich. Hätte mir jemand noch vor einigen Monaten prophezeit, ich würde in naher Zukunft einen Hund, der mir nur knapp über die Knöchel reicht, durch die Grünanlagen dieser Republik Gassi führen, hätte ich ihn sicher für nicht ganz zurechnungsfähig gehalten.

Hunde – das waren für mich bis zu jenem Zeitpunkt Geschöpfe mit einer Mindestschulterhöhe von 55 cm. Also Kleinkindgröße. Tiere, die aufgrund ihrer Physis dafür prädestiniert sind, kilometerweit über dänische Strände zu laufen. Immer parallel zur Brandung, den Wind im Gesicht, bereit, sich in die tosenden Fluten zu werfen, sollte sein Frauchen von einer heftigen Böe ins Meer getrieben werden. Ein Hund, der des Nachts den schwarzbestrumpften Einbrechern ins Gesicht oder in den Schritt springt, um seinen Menschen zu verteidigen. Ein Vierbeiner, den man aufgrund seines Gewichts und seiner ungestümen Art unmöglich mit ins Bett nehmen könnte, wollte man nicht riskieren, dass der Lattenrost mit einem lauten Knacken unter der Gewalt des Gewichts zusammenbricht. In jedem Fall aber eine tierische Erscheinung, die den zwielichtigen Typen auf der Straße Respekt einflößt und sie dazu animiert, einen gewissen Sicherheitsabstand einzuhalten.

Doch dann kam alles anders. Dann nämlich kam Barney. Nicht, dass meine Wahl bewusst auf ihn gefallen wäre. Ich kam zu ihm wie die einschlägig bekannte Jungfrau zum Kinde. Das Schicksal hatte für uns entschieden. Canis lupus iactum est. Gut möglich, dass Fortuna dabei ein hämisches Grinsen auf den Lippen trug: „Jeder Mensch bekommt den Hund, den er verdient hat.“

Chihuahuas hatten immer etwas Lächerliches für mich. Sind das nicht diese verzogenen Taschenhunde für noch verzogenere Gören? Sicher strunzdumm. Weil ihr Intellekt nicht gefordert wird. Wer niedlich ist, braucht sich nicht anzustrengen, weil er aufgrund seines Äußeren ohnehin alles hinterhergetragen bekommt. (Kleiner Exkurs: Ich erinnere mich an eine Studie, die sich herauszufinden erdreistet hatte, dass der Anteil blonder Ärztinnen wesentlich geringer sei als der gleichbeskalpter Krankenschwestern. Mit folgender Begründung: Frauen mit hellen Haaren seien per se begehrenswert und hätten daher nicht die Motivation und den Ehrgeiz, ein hartes und entbehrungsreiches Studium auf sich zu nehmen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie mir damals bei der Lektüre dieses Artikels in der Apothekenumschau fast das Brötchen im Hals stecken geblieben wäre. Völliger Unsinn. Dessen sind wir uns alle vollkommen bewusst. Doch wie es so ist mit den lieben Vorurteilen. Man bekommt sie derart oft und mit solcher Penetranz eingetrichtert, bis man irgendwann selbst dazu übergeht, sie für sich anzunehmen.) Wie sehr ich falsch damit lag – und zwar nicht nur in diesem Punkt – sollte mir später noch aufs Eindrucksvollste bewiesen werden.

Gerade liegt Barney auf meinem Schoss und schenkt mir einen verschleierten Blick aus seinen großen, bernsteinfarbenen Augen . Selbst wenn er mir tausendfach aufs Laken pinkeln würde und auch den zigsten Kaschmirpullover sorgfältig entribbelt mit stolzgeschwellter Brust über den Flur trüge – ich würde ihm immer wieder aufs Neue verzeihen! Er ist so viel mehr für mich als nur ein Freund fürs Leben.

 Das muss wohl Liebe sein.

3 Antworten to “Jeder Mensch bekommt den Hund, den er verdient hat.”

  1. ullakeienburg Juli 4, 2010 um 11:27 am #

    welcome to the challenge of taking care of a blog! 🙂
    May we rread a lot of each other 🙂 seeya readya! Ulla

  2. Bernd Juli 4, 2010 um 1:21 pm #

    Steff, Du solltest als Journalistin und Autorin arbeiten, auf dass dein Talent nicht ungenutzt bleibt… 🙂

    • einpfundhund Juli 4, 2010 um 2:00 pm #

      Danke Dir. 🙂 Sollte ich genug Stoff zusammenbekommen, wird ein Buch draus. Versprochen.

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